Gründungsgeschichte
Turn- und Sportverein 1874 e.V. Rüppurr, Karlsruhe
Historischer Überblick
1833
Erster badischer Turnverein in Karlsruhe.
1842
Gründung weiterer Turnvereine in badischen Städten.
1860
Gründung des "Oberrheinischen Turnerbundes" in Karlsruhe.
1861
Erstes Oberrheinisches Turnfest in Karlsruhe.
1868
Gründung der "Deutschen Turnerschaft" (DT).
1874
Gründung des "Turnvereins Rüppurr".
1907
Gründung der "Freien Turnerschaft Rüppurr" (Arbeiter-Turnverein).
Eingemeindung Rüppurrs zu Karlsruhe.
1908
Erwerb eines eigenen Turn- und Spielplatzes im Gewann "Eichstettwiesen".
1919
Eingliederung des "Turnvereins Rüppurr" zur "Freien Turnerschaft".
1924
Neugründung des "Turnvereins 1874 Karlsruhe-Rüppurr".
1944
Das Vereinsheim fällt den Bomben zum Opfer.
1946
Umbenennung des "Turnvereins 1874" in "Turn- und Sportverein 1874 Karlsruhe-Rüppurr" anlässlich der dritten Gründungsversammlung.
Das vom Verein gepachtete Sportgelände im Gewann "Kuhlager-Seele" musste zur Errichtung von Kleingärten an die Stadt Karlsruhe zurück gegeben werden.
1952
Erwerb eines neuen Grundstücks (heutiges Sportgelände) im Gewann "Eichelgarten".
1956
Einweihung der Sportanlage und des neuen Turnerhäusle am Eichelgarten.
1961
Beginn der Planung zum Bau des Vereinsheims.
Im Rahmen des "2. Weges" startete der Verein den Ausbau des Breitensports.
1963
Einweihung des Vereinsheims an der Steinmannstraße.
1973-75
Das Vereinsheim wurde um einen Gymnastikraum, weitere Dusch- und Umkleideräme, eine Platzwartwohnung sowie um eine Kegelbahn erweitert.
1978
Neubau einer Tennisanlage mit sechs, heute sieben Plätzen.
Der Verein gibt sich eine neue Satzung mit Geschäftsordnung und Ehrenordnung.
1980
Die erste Ausgabe der Vereinszeitschrift "TUS-report" erscheint.
Als jügste Sparte im Verein wird die Volleyball-Abteilung gegründet.
1983
Der Verein überschreitet erstmals die Mitgliederzahl von 1.700.
1986
Umbenennung in "Turn- und Sportverein 1874 Rüppurr" (TUS Rüppurr).
Neufassung der Satzung mit Mitglieder- und Beitragsordnung und Jugendordnung.
1995
Errichtung einer Beachvolleyball-Anlage mit drei Spielfeldern.
1997
Einweihung des neuen Tennispavillons.
1999
Errichtung einer Boule-Anlage mit fünf Bahnen.
2000
Der TUS Rüppurr verfügt über neun Abteilungen und ca. 1.600 Mitglieder.
2009
Ausrichter des Badischen Turnjugendtreffens mit rund 600 Teilnehmenden.
Start der Volleyballspielgemeinschaft Ettlingen/Rüppurr durch den TUS 1874 Rüppurr e.V. und den SSV Ettlingen 1847 e.V.
2013
Das Vereinsheim kämpft mit den Folgen des Hochwassers.
2023
Erweiterung der Beachvolleyballanlage und Ausrichtung der Deutschen U16 Beachvolleyballmeisterschaften.
2024
Jubiläumsjahr: 150 Jahre TUS Rüppurr mit einem Festwochende.
Die ersten Anfänge
Im Jahr 1868, dem Gründungsjahr der Deutschen Turnerschaft, ist auch zum ersten Mal von einem Vorläufer des späteren Rüppurrer Turnvereins die Rede. Einige Gründungsmitglieder dieser frühen Turnvereinigung waren Friedrich Schäfer (Vorstand), Stefan Schäfer, Friedrich Kraft (Kronenwirt), Georg Friedrich Furrer, Leopold Schäfer, Ludwig Kiefer und Christoph Kiefer. "Geturnt wurde dazumal auf einem freien Platz gegenüber dem Kronengarten." Bedingt durch das Ausbrechen des Deutsch-Französischen Krieges kam der junge Verein jedoch wieder zum Erliegen. Es brauchte noch einige Jahre, bis sich das Turnen in Rüppurr endgültig etablieren konnte.
Der Aufschwung der Turnbewegung von 1850 - 1864
Die Unterdrückung der Turnbewegung durch die Regierungen der deutschen Staaten hatte zur Folge, daß das Vereinsturnen nach der Revolution am Boden lag. Das Schulturnen gewann dagegen an Bedeutung. Wesentlich beeinflußt wurde es von dem hessischen Pädagogen Adolf Spieß, der in den Jahren 1842-1851 seine wichtigsten Bücher veröffentlicht und das Turnen durch eine Systematisierung und Methodisierung unterrichtsfähig gemacht hatte. Das Turnen als Schulfach wurde nach 1850 zunächst in den höheren Knabenschulen eingeführt und konnte sich ab den 60er Jahren schrittweise im Volksschulwesen und in den höheren Mädchenschulen durchsetzen.
Nach den ersten beiden Phasen des Aufschwungs (1811-1819 sowie 1844-1849) setzte dann erneut Ende der 50er Jahre eine dritte große Gründungswelle von Turnvereinen ein. Allein zwischen 1860 und 1862 entstanden über 1000 Turnvereine, weitere 650 Neugründungen kamen bis zum Jahre 1864 hinzu. Ausschlaggebend waren die politischen Vorgänge des Jahres 1859, die eine Welle nationaler Begeisterung ausgelöst hatten, von der auch das Turnen erfaßt wurde. Napoleon III. hatte im italienischen Feldzug gegen Österreich gekämpft und stellte mit seinen Ansprüchen auf die linksrheinischen Gebiete eine Bedrohung für Deutschland dar.
In dieser Situation verfaßten die schwäbischen Turnführer Georgii aus Esslingen und Kallenberg aus Stuttgart 1860 einen "Ruf zur Sammlung", der im März in der Deutschen Turnzeitung erschien. Alle Turngenossen wurden darin aufgefordert, sich zu einem Allgemeinen deutschen Turn- und Jugendfest zusammen zu finden, welches daraufhin im Juni 1860 in Coburg mit über 10.000 Teilnehmern stattfand. Gleichzeitig hielt man einen Turntag ab, bei dem sich die liberalen und demokratischen Kräfte der Turnbewegung erstmals seit 1850 wieder miteinander auseinandersetzten. Auf diesem Coburger Turntag wurde durch Kallenberg der erste Antrag zur Gründung eines gesamtdeutschen Turnerbundes gestellt. Der Vorschlag fand zunächst mehrheitlich Ablehnung, da man befürchtete, in Konflikt mit den noch bestehenden Vereinsgesetzen zu geraten.
In Baden handelte man dagegen schneller. Karlsruher Turner waren es, die auf Antrag der Turnvereine des Oberrheins sämtliche badischen Turnvereine im Dezember 1860 einluden, mit dem Ziel, einen gemeinsamen badischen Hauptverein zu gründen. Mannheim, Heidelberg, Bretten, Karlsruhe, Pforzheim, Renchen, Kehl, Offenburg, Lahr und Freiburg folgten dieser Einladung, auf der man einheitlich die Bildung eines "Oberrheinischen Turnerbundes", als Zweig eines noch zu gründenden deutschen Turnerbundes, beschloß. In den Satzungen des neu gegründeten Bundes wurde unter anderem festgelegt, daß sich der Oberrheinische Turnerbund verstärkt um die Herstellung einer regen Wechselbeziehung zwischen den Mitgliedsvereinen und um die Abhaltung regelmäßiger Turnfeste bemühen werde. Für die Jahre 1860/61 wählte man Karlsruhe zum Vorort des Oberrheinischen Turnerbundes, so daß 1861 bereits das erste Oberrheinische Turnfest in Karlsruhe unter der Leitung des Turnwarts Kaffenberger stattfand.
Inzwischen war auch der Einfluß der liberalen gemäßigten Turner stärker geworden, die die Leibesübungen an sich in den Mittelpunkt des Vereinsleben stellten. Auf dem Turntag des Zweiten Allgemeinen Turnfests in Berlin wurde daher vom dort gewählten Ausschuß zur Begründung eines gesamtdeutschen Verbandes für das Turnen, an dessen Spitze Georgii und Götz standen, folgendes beschlossen:
"Das Turnen kann nur dann seine reichen Früchte entfalten, wenn es als Mittel betrachtet wird, dem Vaterlande ganze, tüchtige Männer zu erziehen; jede politische Parteistellung jedoch muß den Turnvereinen als solchen unbedingt fernbleiben."
Zwar verloren die Vereine politisch an Bedeutung, dennoch wurde mit der körperlichen Kräftigung und vaterländischen Erziehung immer noch der Wehrgedanke verbunden. So pflegten die Turnvereine neben dem Turnen auch die Ausbildung an den Waffen. Der Mannheimer Turnverein stellte sogar den Antrag, sich in einen "Turn- und Wehrverein" umformen zu dürfen, und einige Vereine nahmen Verbindung mit Schützenvereinen auf, um sich auf deren Plätzen im Schießen und Bajonettfechten zu üben.
Die Entwicklung des Mädchen- und Frauenturnens konnte in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts ebenfalls entscheidende Fortschritte machen. Der Abbau der traditionellen Rollenvorstellungen innerhalb der Gesellschaft führte gleichzeitig dazu, daß es in den Turnvereinen vielfach zur Gründung von Frauenabteilungen kam.
Die Gründung der Deutschen Turnerschaft
Der preußisch-österreichische Krieg 1866 bewirkte einen erneuten Niedergang der Turnbewegung. Es kam zu einem regelrechten Bruderkrieg, da die demokratischen Turner, die in den deutschen Mittelstaaten zu Hause waren, auf der Seite Österreichs gegen die preußischen Turner kämpften, welche in der Schlacht von Königgrätz den entscheidenden Sieg für Preußen erringen halfen. Zwar war mit der Einigung Deutschlands nach dem preußisch-österreichischen Krieg eine langgehegte Idee der Turnbewegung Wirklichkeit geworden, doch der Weg, auf dem dieses Ziel erreicht wurde, entsprach nicht den Vorstellungen der Turner. Diese Ereignisse und zusätzlich die Auswirkungen der Weltwirtschaftskrise von 1866/67 führten dazu, daß die Turnbewegung bis 1868 etwa 40.000 Mitglieder, d.h. nahezu ein Viertel ihres Bestandes verlor.
Um den Rückgang aufzuhalten, erfolgte im März 1868 von Georgii und Götz die Einberufung aller Turnvereine zum Vierten Allgemeinen Deutschen Turntag nach Weimar. Auf diesem Turntag beschloß man am 21. Juli 1868 endgültig den Zusammenschluß aller Vereine zur "Deutschen Turnerschaft" (DT). Durch das Grundgesetz der DT erhielt die Turnbewegung eine einheitliche Organisation mit einer festen Struktur, die die Zusammenfassung der Vereine zu Gauen und diese wiederum zu Kreisen bewirkte.
Die Konstituierung der Deutschen Turnerschaft konnte zunächst den Mitgliederschwund nicht rückgängig machen. Es waren die Vereine selbst, die nach 1868 versuchten, für neue Mitglieder attraktiver zu werden, indem sie ihr Übungsangebot wesentlich veränderten. Beispielsweise wurden die volkstümlichen Übungen verstärkt gepflegt, dem Turnen mit Schülern und der Beteiligung der Turner an der freiwilligen Feuerwehr mehr Bedeutung zugemessen. Bald entstanden mehrere Turnerfeuerwehre, und in Orten, in denen es noch kein Schulturnunterricht gab, übernahmen die Vereine diese Aufgabe.
Deutsch-Französische Krieg von 1870 bis 1871
In Deutschland wurde infolge des Kriegsausbruchs im Sommer 1870 der Turnbetrieb weitgehend unterbrochen. Die Turner standen jetzt entschlossen hinter der preußisch-deutschen Führung und waren stolz, dem Vaterland mit guten Kämpfern und beachtlichen Leistungen dienen zu können. Von dem erfolgreichen Abschluß versprachen sich die Turner die Erfüllung ihrer nationalpolitischen Erwartungen. 1871 nutzte Bismarck die nationale Kriegsbegeisterung zur Gründung des deutschen Kaiserreiches. Er selbst wurde Reichskanzler, und Wilhelm I. wurde im Spiegelsaal von Versailles zum Deutschen Kaiser proklamiert. In den ersten Jahren nach der Reichsgründung kam es zu einer gewissen Stagnation der Turnbewegung, da das Verlangen vieler Turner nach dem Zusammenschluß aller deutschen Staaten in dem von Bismarck gegründeten Nationalstaat weitgehend erfüllt war.
In diese Zeit nach der Reichsgründung gehen die Ursprünge des heutigen Turn- und Sportvereins 1874 Rüppurr e.V. zurück und damit, im Gegensatz zu den benachbarten Vereinen Karlsruhe, Durlach und Ettlingen, nicht in den Zeitraum der dritten Gründungswelle.
1874
Dank des großen Engagements des Hauptlehrers Fritz Hiller und einiger Turnkameraden wurde am 1. August 1874 der Turnverein Rüppurr ins Leben gerufen. Getauft hatte man den Verein: "Turnverein Gut Heil 1874 Rüppurr bei Karlsruhe".
Nach der Gründung des Sängerbundes 1856 und der Freiwilligen Feuerwehr 1870 zählte der Turnverein zu den ersten Vereinigungen des damaligen Bauern- und Industriearbeiterdorfes Rüppurr.
Zunächst fand der Turnbetrieb der Männer- und Knabenriege im Hof des Vorstandes in der Rastatter Straße statt, da es weit und breit noch keine geeignete Turnhalle und auch kein turntaugliches Gasthaus gab. Als 1875 die ersten Turngeräte angeschafft werden konnten, verlegte man die Übungsstunden in den Schloßhof in Kleinrüppurr. Dem Vorturner Peter Karrer, aktiver Sergeant im Infanterie-Regiment 111 in Rastatt, "erschien es als selbstverständlich, daß er jedesmal zu den Turnstunden hierher kam, um das Turnen in straffer Bahn zu halten."
Zu den Gründungsmitgliedern gehörten neben Fritz Hiller unter anderem Adolf Walz, Rudolf Mangold, Friedrich Rothmund, Leopold Dolde, Friedrich Dolde, Ludwig Schöchle, Martin Furrer, Friedrich Lichtenfels, Friedrich Joachim, Christoph Karcher, Christian Dolde, Jakob Friedrich Glockner, Leopold Fischer, Christian Bohraus, Julius Gabelmann, Johann Bohraus, Alex Kraft, Karl Heinrich Furrer und Martin Süß.
Die guten Verbindungen des 1. Vorsitzenden Fritz Hiller zu Alfred Maul, dem damaligen Direktor der Turnlehrer-Bildungsanstalt und 1. Vorsitzenden des Karlsruher Turnvereins, wirkten sich sehr positiv auf die Vereinsentwicklung und Förderung junger Turner aus. So setzte er sich auch besonders dafür ein, "daß der rührige Vorturner Adolf Walz die erforderliche methodische und turnerische Weiterbildung unter Direktor Maul in Karlsruhe erfuhr."
1877
Peter Karrer war es auch, der sich 1877 bereit erklärte, die Vorstandschaft des Turnvereins zu übernehmen. Zuvor hatten die Anschaffung der teuren Geräte und das gesundheitsbedingte Ausscheiden Fritz Hillers den jungen Verein in eine schwere finanzielle und personelle Krise gestürzt.
Nur durch große Mühe und Ausdauer gelang es Peter Karrer sowie den noch übriggebliebenen Vereinsmitgliedern, neue Anhänger zu werben, den Kassenbestand anzuheben und den Turnbetrieb wieder aufzunehmen. Beiträge und Satzungen wurden erstmals festgelegt, die Vorturnerstunden in Karlsruhe regelmäßig besucht und endlich für die Wintermonate ein "Turnlokal" im Gasthaus Strauß gefunden.
1885
Das Jahr 1885 galt als besonderer Höhepunkt. Der Turnverein hatte sich eine eigene Fahne angeschafft und vom Gauverband anläßlich seiner Fahnenweihe zum ersten Mal die Ausrichtung des Gauturnfestes übertragen bekommen.
16 Vereine mit insgesamt 252 Turnern beteiligten sich damals an den Einzel- und Vereinswettkämpfen. Auch der Turnverein Rüppurr, der bereits 84 Mitglieder zählte, war erfolgreich vertreten.
Kurze Zeit später mußte der Verein seinen Turnplatz aufgeben, da die dortigen Stallungen im Schloßhof von einer Batterie der Gottesauer Artillerie bezogen wurden. Ersatz fand sich im Garten des Gasthauses Eichhorn. Die Gaststätte diente gleichzeitig als Vereinsheim und bot ab 1899 in einem geräumigen Saal Platz für die turnerische Arbeit des Vereins. Über Jahrzehnte sollte hier der Turnverein sein Zuhause haben.
1899
Die Feier 1899 zum 25-jährigen Bestehen des Turnvereins erzeugte große Bewunderung bei der Rüppurrer Bevölkerung. Eingeleitet durch einen Festzug innerhalb des Ortes fand anschließend ein Preis- und Schauturnen auf dem Schloßhof statt.
Dabei boten die Turner, besonders Josef Kuch und Fritz Billet, beeindruckende Leistungen am hohen Reck, am Barren und Pferd. Da Feste in der Zeit vor 1900 eher eine Seltenheit im Dorf Rüppurr waren, galten Veranstaltungen und Darbietungen der Turner stets als etwas Besonderes. Welche Wirkung dies auf Jugendliche ausübte, beschrieb Karl Baier in einem Rückblick auf die Vereinsgeschichte folgendermaßen:
"Das festliche Leben auf dem von Bäumen umsäumten Schloßhof Rüppurr bot unvergeßliche Eindrücke. Am meisten aber beschäftigten mich die Darbietungen der Turner an verschiedenen Geräten... Das war für uns Buben etwas Erstaunliches, Hinreißendes... Was wir da gesehen hatten an turnerischer Fertigkeit und Leistung, ließ uns nicht mehr los. Ja, so mutig, beweglich und tüchtig sollte man werden wie diese Rüppurrer Turner."
Somit dienten die Schauvorführungen der Turner nicht nur der Vorstellung des Gelernten, sondern auch der Werbung neuer Mitglieder. Viele Jugendliche fanden aufgrund der öffentlichen turnerischen Darbietungen nach der Schulzeit Zugang zur Turnsache und damit zum Verein. Weiteren Zustrom erhielt der Rüppurrer Turnverein häufig durch junge Männer, die nach ihrer erfolgreichen Musterung zum Militärdienst Zuflucht im Verein suchten, "um sich in den folgenden Sommermonaten an den Geräten und sonstiger Bewegung die nötige Behendigkeit und Gewandtheit anzueignen." Schließlich wollte man nicht als ungeschickter und schwerfälliger Anfänger auf dem Kasernenhof antreten!
Das Vereinsleben blühte förmlich auf. Die Turnabende wurden regelmäßig besucht, und auf zahlreichen Turnwettkämpfen konnte sich der Verein Anerkennung verschaffen und sein turnerisches Können unter Beweis stellen. Auch das gesellige Zusammensein der Mitglieder hatte neben der turnerischen Ausbildung einen hohen Stellenwert. Turnfahrten, Gartenfeste, Tanzkränzchen, Schauvorführungen, Turnerbälle und Weihnachtsfeiern bereicherten jährlich das Vereinsprogramm.
Ungewöhnlich ist der häufige Wechsel innerhalb des gesamten Turnrates in dieser Zeit. Allein Ludwig Fischer gelang es, über mehrere Jahre die Vorstandschaft zu übernehmen (1895-1901). Für seine großen Verdienste wurde er einstimmig zum ersten Ehrenvorstand ernannt.
Der aufkommende Konflikt zwischen Turnen und Sport im 20. Jahrhundert
Die Jahre nach 1900 waren eine Zeit der Um- und Neugestaltung auf verschiedenen Lebensgebieten, auch das Turnen wurde davon erfaßt. Der Sport hatte sich in England als eine eigenständige Arbeitsweise der Leibeserziehung herausgebildet. Charakteristisch für den Sport war der Wettkampfgedanke. Höchstleistungen und Rekorde wurden angestrebt, dabei zählte nicht die Form der Ausführung, sondern nur der Erfolg. Die Entwicklung führte dabei vom Individual- zum Mannschaftssport und damit zum Wettspiel wie z. B. dem Fußballspiel. Die Spielbewegung aus England weckte besonders bei der Jugend starkes Interesse.
Die Turner reagierten auf diese Erscheinungen mit größtem Widerstand. Die Deutsche Turnerschaft (DT) richtete sich entschieden gegen die Aufnahme von Sportspielen in den Turnbetrieb. Durch die Herausstellung eines alleinigen Siegers bei den Wettspielen befürchtete man den Verlust von Gemeinschaftssinn, Kameradschaft und ursprünglicher Bewegungsfreude als eigentlichen Sinn des Turnens. Die neuen Werte des Sports waren die gemessene Höhe, Weite, Zeit und Leistung, dagegen strebte das Turnen Tugendhaftigkeit, Sittlichkeit und Nationalismus an. Die deutschen Turner waren "für das Laufen an der frischen Luft, aber gegen den sportlichen Wettlauf und den Langstreckenlauf; sie waren für das Weitspringen, aber gegen den Weitsprung mit Absprung von einem Sprungbalken; sie waren für das Hochspringen, aber gegen die Hochsprunglatte." Außerdem vermißte man beim Sport die Ästhetik, die bei den Turnübungen immer eine bedeutende Rolle gespielt hatte. Die sportliche Ausführung war nicht mehr an genau festgelegte Bewegungsbeschreibungen gebunden, sondern hatte nur das Ziel, Höchstleistung zu bringen. Daraus ergaben sich zahlreiche Konflikte. Ein weiterer Grund für die ablehnende Haltung der Turner kann auf die Forderung der Spielbewegung nach internationalen Vergleichen in Form von Länderkämpfen u.ä. zurückgeführt werden. Die Leibesübungen sollten national bleiben, um dem "Vaterlande ein tatkräftiges, frisches Geschlecht" heranzuziehen.
Bald mußten die Vereinsturner erkennen, daß der Einzug der Sportbewegung in Deutschland nicht aufzuhalten war. Um zu verhindern, daß immer mehr sportbegeisterte Jugendliche die traditionellen Turnvereine verließen, mußten Neuerungen in den Turnbetrieb aufgenommen werden. Die sogenannten Turnspiele wurden eingeführt. Es handelte sich dabei um Bewegungs- und Ballspiele (Faustball, Trommelball, Schlagball), bei denen das Laufen, Springen und Werfen im Vordergrund stand. Im wesentlichen unterschieden sich die Turnspiele jedoch nicht von den "neuen" Spielen aus England. Zusätzlich erweiterte man die Gerätübungen durch neue Übungen wie Steinstoßen, Weithochsprung und Lauf, die man ebenfalls im Freien und auf Rasenflächen ausüben konnte. Im Grunde genommen handelte es sich dabei um sportlich-leichtathletische Übungen, aber man sprach zunächst vom "volkstümlichen Turnen". Diese Bezeichnung brachte zum Ausdruck, daß die Erweiterung turnerischer Betätigung plötzlich einen viel größeren Kreis der Bevölkerung ansprach, so daß sich die Zahl der ausübenden Turner wieder vermehrte. Bis auf wenige Konservative "hielten alle Fachleute für Leibesübungen und körperliche Erziehung in Deutschland Spiele und auch sportliche Übungen und Wettkämpfe nun für eine wertvolle Ergänzung des Turnens und für eine Belebung des Turnunterrichts an der Schule."
Auch der Rüppurrer Turnverein verlor im Zuge der Spielbewegung einige Mitglieder, die zur Rüppurrer Fußballgesellschaft 04 übergetreten waren. In wieweit sich die Haltung des Vereins gegenüber dem Konflikt zwischen Turnen und Sport äußerte, kann nicht mehr in Erfahrung gebracht werden. Jedenfalls wurde 1911 extra ein größeres Geländestück gepachtet, um die Bewegungsspiele (Turnspiele) innerhalb des Turnvereins zu fördern. Eigenständige Sportabteilungen gründeten sich erst nach dem Ende des 1. Weltkrieges mit dem Wiederaufbau des Vereins.
1904
In den Jahren nach 1900 mußte der Verein einige schwierige Barrieren überwinden. Das Fußballspiel hatte in der nahen Haupt- und Residenzstadt Karlsruhe bereits festen Fuß gefaßt und somit auch in Rüppurr unschwer Anhänger gefunden.
1904 kam es daraufhin zur Gründung der Rüppurrer Fußballgesellschaft, in deren Mitgliedschaft auch sofort einige Turner eintraten. Die Turnsache hatte damit einen lebhaften Mitbewerber bekommen, der eine starke Anziehungskraft auf die sonst so turntreuen Männer ausübte.
Außerdem beeinträchtigte das Aufkommen der "Freien Turner" im Jahre 1907 die Weiterentwicklung der Deutschen Turnerschaft (DT). Ernst Deimling vom Turnverein Rüppurr schrieb dazu:
"Wie sehr die nun auch auf Turnen und Sport übertragenen Irrlehren des Marxismus in hiesiger Bevölkerung Platz ergriffen hatte, zeigt allein das Beispiel, daß aus unseren Reihen 28 Mitglieder übertraten."
Trotz allem schaffte es der 1. Vorsitzende Josef Kuch, die Mehrheit des Vereins von den Idealen Turnvater Jahns zu überzeugen und die Turner zu einer festen Gemeinschaft zusammen zu schweißen.
1907
Einen erneuten Aufschwung brachte die Eingemeindung Rüppurrs zu Karlsruhe im Januar 1907. Die Einwohnerzahl stieg sprunghaft an, und durch die Eingliederung des neuen Stadtteils ergaben sich viele Vorteile und Fortschritte für die ehemalige Dorfgemeinde Rüppurr.
Die bereits 1897 gebaute Albtalbahn zwischen Karlsruhe und Ettlingen sorgte für erheblich verbesserte Verkehrsverbindungen. Aus dem Bauern- und Industiearbeiterdorf entwickelte sich langsam ein beliebter Wohnort. Im Zuge der Eingemeindung wurde von den Rüppurrern bei der Stadt Karlsruhe auch der Bau einer neuen Volksschule angeregt, da das bisherige Unterrichtsgebäude die gestiegene Schülerzahl nicht mehr aufnehmen konnte. Schon 1913 wurde die von Baudirektor Beichel konzipierte Riedschule und mit ihr die Schulturnhalle am Lützowplatz eingeweiht.
Mit dem Bau dieser Turnhalle ging für den Rüppurrer Turnverein ein langersehnter Wunsch in Erfüllung. Jetzt hatte man endlich eine geeignete Halle erhalten, die einen professionelleren Turnbetrieb ermöglichte. Was noch fehlte, war ein nahegelegenes Übungsgelände, welches der damalige 1. Vorstand Ludwig Schöchle bei der Stadt Karlsruhe beantragte. Auf der Stadtratsitzung vom 21. Mai 1908 wurde daraufhin folgendes beschlossen:
"Dem Kanninchen- und Geflügelzuchtverein Karlsruhe-Rüppurr wird ein Teil der Eichstettwiesen im Stadtteil Rüppurr zur Anpflanzung von Futter für Kanninchen und Geflügel mietweise überlassen. Ein anderer Teil derselben Wiese wird dem Turnverein Rüppurr zur Vornahme turnerischer Übungen mietweise zugewiesen."
Am 10. Juni besiegelte ein Mietvertrag die Überlassung der 4000 qm große Wiese im "Gewann Eichstettwiesen" für 8 Mark Pacht im Monat.
1911
Auf dem X. Turntag des Deutschen Turnerbundes wurde zur Förderung der Bewegungsspiele ein Spielverband ins Leben gerufen, dem sich auch der Turnverein Rüppurr 1911 anschloß. Die daraufhin eingeführten Rasenspiele zwangen den Verein jedoch schon bald, ein größeres Grundstück anzufordern.
Mit Einverständnis des Kaninchenzuchtvereins erhielt der Turnverein Rüppurr von der Stadt Karlsruhe im Anschluß seines 1908 bereits gepachteten Geländestücks ein Teil der "Fautenbruchwiesen" zugewiesen. Von nun an konnte der Verein auf einer Fläche von 6360 qm seinem regen Turnbetrieb nachgehen.
Als Höhepunkte besonderer Art müssen noch die großen Turnfeste in dieser Zeit erwähnt werden, an denen die Turner des Rüppurrer Vereins begeistert teilnahmen. Besonders das Gauturnfest 1912 in Freiburg hinterließ unvergeßliche Erinnerungen. Mit 22 Turnern hatte sich damals der Verein unter der Leitung von Turnwart Eller am Vereinswetturnen beteiligt. Zu einem der erfolgreichsten Mitglieder zählte Philipp Städele; mehrfach ging er als Sieger aus Turnwettkämpfen hervor und galt lange Jahre als Seele des Vereins. Auch sein Kollege Max Kuch gehörte aufgrund seiner hervorragenden Leistungen zur Gauriege beim Deutschen Turnfest in Nürnberg.
1914
Im Frühsommer 1914 konnte der mittlerweile über 120 Mitglieder zählende Turnverein sein 40-jähriges Jubiläum begehen.
"Noch einmal fand sich eine unübersehbare Festgemeinde bei dem feiernden Verein ein; in überquellender Freude erging sich jedermann an den erhebenden Eindrücken dieser wahrhaft denkwürdigen Jubeltage."
Der Ausbruch des 1. Weltkrieges Anfang August 1914 bereitete dem Turnbetrieb ein jähes Ende. Die Mehrzahl der Mitglieder, Turnwarte und Vorturner wurden zum Heeresdienst eingezogen oder meldeten sich freiwillig.
"180.000 deutsche Turner blieben auf der Wallstatt, auch der Turnverein Rüppurr kann 34 für Volk und Vaterland gefallene treue Turnkameraden aufweisen."
Die Zeit der Weimarer Republik 1919-1933
Am 28. Juni 1919 kam es zur Unterzeichnung des Friedensvertrages im Spiegelsaal des Schlosses zu Versaille. Deutschland wurde zur Abtretung großer Landesteile und hohen Reparationszahlungen an die Allierten verpflichtet. Die Folgen des verlorenen Krieges und die harten Bedingungen des Versailler Friedensvertrages brachten Deutschland an den Rand des wirtschaftlichen Ruins. Durch die Zunahme der Arbeitslosigkeit und der Inflation kam es zu immer neuen innenpolitischen Krisen, wie z. B. dem Kapp-Putsch und dem Spartakus-Aufstand im Ruhrgebiet 1921, der Polenaufstände 1921, der Ermordung Rathenaus im Jahre 1922 und dem Hitler-Putsch in München 1923. "Dies alles macht deutlich, wie die junge Weimarer Republik zu kämpfen hatte, um der innen-, außen- und wirtschaftspolitischen Schwierigkeiten Herr zu werden."
Im krassen Gegensatz dazu standen die nach der Bekämpfung der Inflation aufkommenden sogenannten "goldenen 20er Jahre". In vollen Zügen genossen die Überlebenden des Ersten Weltkrieges die "Befreiung von gesellschaftlichen Konventionen und moralischen Tabus der Kaiserzeit". Infolgedessen erlebte der Sport und die Leibeserziehung einen großen Aufschwung.
Die Turn- und Sportverbände konnten sich trotz materieller und personeller Schwierigkeiten rasch wieder erholen und gewannen zunehmend an Beliebtheit unter der Bevölkerung. Besonders die Sportverbände registrierten ständig steigende Mitgliederzahlen, so daß sie bald die der Deutschen Turnerschaft überholt hatten. Der Sport entwickelte sich regelrecht zu einem Massenphänomen. Dabei spielte nicht nur die steigende Zahl der Sporttreibenden eine Rolle, sondern auch die wachsende Zahl der Zuschauermassen. "Die Publizität des Sports wurde so zwingend, daß er Tausende und aber Tausende in seinen Bann zog, für die das Zuschauen zum Sport wurde."
Die wachsenden Spannungen zwischen Turnen und Sport
Trotz des enormen Aufschwungs der Turn- und Sportbewegung, die sich in einer noch nie dagewesenen Vielfalt der sportlichen Aktivitäten äußerte, war man untereinander zerrissen. Es standen sich Turnen und Sport sowie bürgerlicher Sport und Arbeitersport gegenüber. "Diese Zerrissenheit war ein Abbild der wachsenden Spannungen in der Gesellschaft der Weimarer Republik insgesamt." Die Gegensätze zwischen Turnen und Sport verschärften sich zunehmend. Die Zusammenarbeit zwischen der Deutschen Turnerschaft (DT) und dem Deutschen Reichsausschuß für Leibesübungen (DRA), welcher alle bürgerlichen Sportverbände unter sich zusammenfaßte, wurde immer schwieriger. Die verschiedenen Auffassungen über die Aufgaben, Zielsetzungen und Betreuung der einzelnen Sportarten und Fachgebiete führten zu heftigen Auseinandersetzungen.
Obwohl sich die DT zu einem Breiten- und Freizeitsportverband für weite Kreise der Bevölkerung entwickelt hatte und große Fortschritte im Aufbau einer Turnerjugend verzeichnete, konnte sie nicht an die Göße der erstarkten Sportverbände herankommen. Die DT wollte sich dennoch nicht damit zufrieden geben, nur als Fachverband für Gerätturnen und Turnspiele zu gelten. Im Dezember 1922 beschloß man schließlich auf der Hauptausschußversammlung der DT die sogenannte "reinliche Scheidung" und somit die Trennung von Turnen und Sport. Danach war die "gleichzeitige Mitgliedschaft von Vereinen und Abteilungen zur DT und zum Sportdreierverband (Fußball, Schwimmen, Leichtathletik)" streng untersagt. Von nun an wollte man Schwimmen und Leichtathletik vermehrt in der Turnerschaft fördern.
Als der DRA den Beschluß faßte, an den Olympischen Spielen in Amsterdam teilzunehmen, nahm dies die DT zum Anlaß, um im August 1925 aus dem Deutschen Reichsausschuß endgültig auszutreten. Der DRA hatte sich mit der Entscheidung für die Olympischen Spiele über die DT hinweggesetzt, die zuvor "auf Grund ihrer Geschichte und ihrer vaterländischen Wesensart erklärt" hatte, "daß, solange ein Feind auf deutschem Boden stünde, ihr eine Teilnahme unmöglich wäre." Eine Entspannung des Verhältnisses zwischen Turnen und Sport stellte sich erst zu Beginn der 30er Jahre ein, als die "reinliche Scheidung" zurückgenommen wurde.
1919
Viele Vereine waren während des Ersten Weltkrieges gezwungen, ihre Vereinstätigkeit einzustellen, so daß nach Kriegsende der Betrieb teilweise völlig neu organisiert werden mußte. Auch die Deutsche Turnerschaft rief ihre Mitglieder in der Deutschen Turnzeitung zu folgendem auf.
"...festen Blickes in die Zukunft zu schauen und getreu unseren Satzungen und unseren Überlieferungen durch ernste Arbeit an der deutschen Jugend, mitzuwirken am Wiederaufbau des zertrümmerten und doch so lebensstarken Vaterlandes. Die Deutsche Turnerschaft muß sich auch in diesem Sturme, der unser Vaterland durchbebt, als das feste Band beweisen, das die Deutschen einig und fest zusammenhält."
Auch der Turnverein Rüppurr kam nach Ende des 1. Weltkrieges zunächst vollständig zum Erliegen. Tiefgreifende Meinungsverschiedenheiten, meist politischer Natur, trieben die Gemüter aus- und gegeneinander, so daß eine Wiederaufnahme des Turnbetriebs vorerst unmöglich schien.
Dagegen hatte sich die Freie Turnerschaft (Arbeiter-Turnverein) in Rüppurr schneller von den Rückschlägen des Krieges erholt und den Turnbetrieb wieder aufgenommen. Um weiter turnen zu können, wechselte daher eine Anzahl der Mitglieder zur Freien Turnerschaft, zu der 1919 der gesamte "Turnverein 1874" übertrat. Die "Freien Turner" sollten angeblich die günstige Gelegenheit in sofern ausgenutzt haben, daß sie "Name, Tradition, die stolze Fahne, Turngeräte und vieles andere" vom ehemaligen Turnverein Rüppurr mitübernommen hätten.
1924
Erst mit der Einkehr geordneter Verhältnisse konnte die lange Vereinsstillegung überwunden werden. Schon einige Zeit vor der Wiedergründung trafen ehemalige Vereinsmitglieder dazu im Stillen Vorbereitungen.
1924 war es dann soweit: Im Jahr des 50-jährigen Bestehens "begann der Verein sein neues Werk und mit fanatischem, echt Jahn`schem Turngeist, war bald wieder die Oberhand über die ,Freien Turner' gewonnen." Dieses Mal war es Fritz Kiefer, der langjährige Schriftführer und spätere Vorstand des Vereins, der an den Vorarbeiten zur Neugründung den höchsten Anteil hatte. "Mit viel Willenskraft und unermüdlich warb, weckte und gewann er die Gleichgültigen oder Verzagten." Die denkwürdige Gründungsversammlung fand am 6. September 1924 im Saal des Gasthauses zum Eichhorn statt. Nach reichlicher Beratung beschloß man, einen neuen Turnverein zu gründen und zwar auf der Grundlage:
"...'Frei von Politik' der jedem Menschen egal welcher Richtung er angehört, Gelegenheit geben sollte, sich von den Alltagsmühen und Sorgen durch Ausübung des Turnsports zu stärken."
Darin brachte der neue Turnverein gleich zu Beginn zum Ausdruck, daß er als bürgerlicher Verein im Gegensatz zu dem parallel existierenden Arbeiter-Turnverein in Rüppurr keine Einschränkungen bezüglich seiner Mitglieder machen werde. Als einziger sprach sich der Arbeiter-Turnverein auf der Versammlung gegen die Neugründung des Turnvereins aus. Die Aussage von Jakob Schaudt, Mitglied der Rüppurrer Fußballgesellschaft 1904, bestätigte die Unbeliebtheit dieses Vereins im Ort:
"...da spielt der Lehrling neben seinem Prinzipal Fußball, dagegen bei den Arbeitervereinen wird mit allen Mitteln gearbeitet, um den Kampf gegen andere Vereine anzustacheln."
Schließlich stimmte die Mehrheit für den neuen Turnverein, dem sogleich 68 der Anwesenden beitraten. Noch auf der Gründungsversammlung wurde beschlossen, der Deutschen Turnerschaft sowie dem Karlsruher Turngau beizutreten. Den Mitgliedsbeitrag hatte man auf 33 1/3 Pfennige pro Monat festgelegt.
Bereits eine Woche später wählte man auf der Generalversammlung am 13. September 1924 folgende Mitglieder zur Vorstandschaft:
1. Vorsitzender: Fritz Kiefer / 2. Vorsitzender: Friedrich Klotz / Kassier: Oskar Fischer / Schriftwart: Josef Strähle / 1. Turnwart: Fritz Eller / 2. Turnwart: Hermann Kritzer / Gerätewart und Zeugwart: Christian Schumm / Beiräte: Kurt van Venrooy, Leopold Frank, Julius Rastätter
Gründung einer Frauenabteilung und einer Jugendabteilung
Auf verschiedenen Gebieten mußte sich der Turnverein Rüppurr dem neuen Zeitgeist stellen. Die Einführung des Wahlrechts für Frauen 1919 und die Einflüsse der Frauenbewegung ergaben entsprechende Rückwirkungen auf das Vereinsleben. Noch im selben Jahr kam es zur Gründung einer Frauenabteilung und einer Jugendabteilung. Unter dem zielbewußten Übungsprogramm des Frauenturnwarts Hermann Kritzer boten die Turnerinnen schon bald eine Augenweide bei Schauvorführungen und Festivitäten. Bereits im Sommer 1925 konnte die Damenabteilung mit 10 Turnerinnen auf dem ersten Kreisfrauenturnfest in Heidelberg die Diplomurkunde erringen. Das große Interesse an der Förderung der Jugend innerhalb des Vereins wird deutlich in einem Schreiben Fritz Kiefers an das Stadtschulamt. Darin heißt es:
"Zweck und Ziel des neugegründeten, parteipolitisch und konfessionell streng auf 'neutralem Boden' stehenden Vereins sind, mit beizutragen an dem Wiederaufbau der körperlichen, sittlichen und moralischen Ertüchtigung des deutschen Volkes und speziell unserer deutschen Jugend."
Innerhalb kurzer Zeit gelang es dem Verein, eine beachtliche Jugend-, Schüler- und Schülerinnenabteilung hervorzubringen. Mit der Anschaffung der drei Geräte Sprungpferd, Spannreck und Barren konnte der Verein seinen Turnbetrieb weiter ausdehnen. Die Übungsstunden fanden in der Halle der Riedschule und an mehreren Abenden im Saale des Gasthauses zum Eichhorn statt. Die Teilnahme an Gaukinder- und Gaujugendtreffen wurde schon bald zur Regelmäßigkeit.
Gründung der Handballabteilung
Bei der Neugründung 1924 kam es schließlich auch zur Aufnahme des Handballsports in den Spielbetrieb. Im Turnverein stieß diese Ballspielart mit ihrem Wettkampfcharakter zunächst auf Ablehnung bei den traditionellen Turnern. Doch die Ausbreitung des Sports in Deutschland war weit vorangekommen und hatte viele Anhänger gefunden. Mit der Gründung einer Handballabteilung paßte sich der Turnverein Rüppurr dem Trend der umliegenden größeren Vereine an. Daraus ergab sich gleichzeitig der Wunsch nach einem eigenen Turn- und Spielplatz. In mehreren Schreiben an die Stadt Karlsruhe machte der 1. Vorstand Fritz Kiefer immer wieder auf die dringende Notwendigkeit eines eigenen Vereinsplatzes aufmerksam:
"Wir betonen, daß eine moderne Sportplatzanlage für unseren Verein, wie für die Pflege der Leibesübungen und des Sports in unserem Stadtteil überhaupt, eine Lebensfrage bildet."
1926
Nach einigen mühsamen Verhandlungen gelang es der damaligen Vereinsleitung schließlich, ein Wiesengrundstück im "Gewann Kuhlager-Seele" unterhalb der Gartenstadt von der Stadt gegen einen Mietzins zu erhalten. Die Herrichtung des genannten Grundstückes in ein brauchbares Spiel- und Übungsfeld und die Errichtung eines eigenen Vereinsheimes erforderten viele fleißige Hände und vor allem große finanzielle Opferbereitschaft unter den Vereinsmitgliedern.
1926 konnte die Sportanlage fertiggestellt werden und bereits im September 1927 das Turnerheim auf dem Platz eingeweiht werden.
Unter den verbesserten Voraussetzungen erreichten die turnerischen und spielerischen Leistungen des Vereins in den folgenden Jahren ein beachtliches Niveau. Dies zeigte sich vor allem an der Teilnahme des Vereins an mehreren Gau- und Landesturnfesten sowie am 14. Deutschen Turnfest 1928 in Köln. Weiter wurden regelmäßig Handballspiele gegen benachbarte Vereine ausgetragen und auf der eigenen Platzanlage durchgeführt. Seit 1929 nahm die 1. Handballmannschaft des Turnvereins 1874 Karlsruhe Rüppurr an der Verbandshandballrunde teil.
Erfolgreiche Teilnahme an Wettkämpfen und Turnfesten
Neben der Mitgliederwerbung war der Vereinsleitung die Kontaktaufnahme zu den Rüppurrer Ortsvereinen und zu anderen badischen Turngemeinschaften ein großes Anliegen. Häufig wurden Wettkämpfe und Schauturnen zusammen mit auswärtigen Vereinen veranstaltet und die zahlreichen Wanderfahrten dazu genutzt, Kameradschaften zu schließen oder für das Turnen und die Gründung eines Turnvereins zu werben. Die Geselligkeit innerhalb des Rüppurrer Turnvereins wurde dabei keineswegs vernachlässigt. Zu den eindrucksvollsten Veranstaltungen im Jahr zählten das Sportfest, der Maskenball und die Weihnachtsfeier.
1930
Ein besonderer sportlicher Höhepunkt stellte das 15. Badische Landesturnfest 1930 in Mannheim dar. 300 Vereine mit insgesamt 12.000 Turnern waren erschienen.
Auch der Rüppurrer Turnverein nahm mit einer 28 Mann bzw. Frau starken Vereinsriege an verschiedenen Wettkämpfen teil. Stolz wird in einem Zeitungsartikel von den Erfolgen der Rüppurrer Turner berichtet:
"Alle Turner hätten wohl gern ein Siegeszeichen nach Hause getragen, doch war es uns allen eine große Freude, die mit dem Siegerkranz geschmückten Turner aus unseren Reihen marschieren zu sehen... Bei den Pflichtkeulenübungen und dem freigewählten Gerät (Barren) errang sich der Verein die gute Gesamtleistung mit 75 Punkten von 80 erreichbaren den Kranz 1. Klasse, den die Turner ihrem tüchtigen Fachmann und Leiter, dem Männerturnwart Herrn Fritz Eller mit verdanken."
Das Dritte Reich 1933-1945
Am 30. Januar 1933 wurde Adolf Hitler zum Reichskanzler berufen, und kurze Zeit später erfolgte die Machtübernahme der NSDAP nach der gewonnenen Reichstagswahl am 5. März 1933. Ihr Ziel lautete: "Befestigung der totalen Macht der NSDAP und des 'Führerprinzips' durch 'Gleichschaltung'." Die Nationalsozialisten nahmen ab sofort die bedeutenden Führungspositionen in allen Bereichen des öffentlichen Lebens ein. Reichsweit existierte nur noch eine Partei: die NSDAP. Alle anderen Parteien wurden verboten, die Gewerkschaften zerschlagen, die Pressefreiheit abgeschafft und die Grundrechte mehr oder weniger aufgehoben.
Die politische Entwicklung in Deutschland beeinflußte auch entschieden die turnerische Arbeit. So bekannte sich die Deutsche Turnerschaft (DT), der der Rüppurrer Turnverein angehörte, zum Nationalsozialismus und forderte alle Vereine auf, "sich mit aller Kraft der nationalen Erhebung des deutschen Volkes und ihrer Führer zur Verfügung zu stellen." Den Vorsitz der DT übernahm 1932 Edmund Neuendorff. Er setzte sich von nun an zwangsläufig für eine nach nationalsozialistischen Zielen ausgerichtete Arbeit innerhalb dieser Organisation ein.
Folglich wurde in die Satzung der DT der Arierparagraph aufgenommen. Er schrieb vor, daß alle männlichen und weiblichen Mitglieder der DT, die jüdischer Abstammung sind, aus der DT ausscheiden müssen. Es wurde keine Zeit verloren, diese Maßnahmen durchzuführen, damit das 2. Deutsche Turnfest in Stuttgart ohne jüdische Turner ausgetragen werden konnte. Nachdem Neuendorff 1933 aus der NSDAP austrat, wurde er auf Weisung des späteren "Reichssportführers" Hans von Tschammer und Osten abgesetzt. Unter dem Druck der Regierung löste sich im Mai 1933 der Deutsche Reichsausschuß für Leibesübungen (DRA) als selbständige Organisation in seiner bisherigen Form auf. Reichssportführer Tschammer und Osten verkündete daraufhin im Juli 1934 die Neuordnung der deutschen Turn- und Sportbewegung in dem neuen "Deutschen Reichsbund für Leibesübungen" (DRL), eine Vereinigung sämtlicher bürgerlicher Vereine und Verbände. Der deutsche Sport wurde jetzt in 21 Fachämter eingeteilt, wobei sich die DT als Fachamt 1 (Turnen) im DRL auf die Zuständigkeit der Gebiete Gerätturnen, Gymnastik und Sommerspiele beschränken mußte.
Der Einfluß der Nationalsozialisten auf die Sportvereine
Der Einfluß der Nationalsozialisten gewann immer stärker an Bedeutung. Im Juli 1934 traf der Reichssportführer zusammen mit dem Reichsjugendführer eine bedeutende Entscheidung für die Turn- und Sportjugend:
"In der Erkenntnis, daß es nur eine Jugend gibt und daß ihre Gesamterziehung nur in der Hitlerjugend erreicht werden kann, vertritt der Reichssportführer den Standpunkt, daß die Jugendlichen des Reichsbundes für Leibesübungen Mitglieder der Hitlerjugend sein müssen."
Den Vereinen des DRL wurde verboten, Jugendliche aufzunehmen, die nicht Mitglieder der HJ waren. Die Hitlerjugend hatte die Jugendarbeit übernommen, so daß der Besuch der Übungsstunden innerhalb der Vereine immer spärlicher wurde. Wer sportlich erfolgreich sein wollte, mußte sich auch politisch zur NSDAP bekennen.
Die Kontrolle der NSDAP über den Sport und dessen Organisationen fanden ihren Höhepunkt, als 1938 der DRL in den "Nationalsozialistischen Reichsbund für Leibesübungen" (NSRL) umbenannt wurde. Dadurch war der Sport in Deutschland fest in die Partei eingegliedert, deren "politische Leibeserziehung" sich streng an die Prinzipien des Nationalsozialismus hielt. Darunter verstand man: "Erziehung zur Volksgemeinschaft, Rassenreinheit und Rassenbewußtsein, Wehrhaftigkeit, Kraft, Mut, Stärke und Führertum." Es handelte sich nicht mehr um Erziehung im traditionellen Sinn, die NSDAP forderte vielmehr die "totale Erfassung und Manipulation jedes einzelnen Menschen durch den totalen Staat."
1934
Die innere Einstellung des Rüppurrer Turnvereins gegenüber der NS-Regierung im Dritten Reich ist schwer anhand der Vereinsakten auszumachen. Auf die meisten Vereine übte das Deutsche Turnfest 1933 in Stuttgart großen Einfluß aus.
Erstmals in der Turngeschichte war mit Hitler ein Reichskanzler zugegen. Mit Hitlers Bekenntnis "zu Jahn, dem deutschen Volkstum und dem deutschen Turnen" erlebte das Turnen und der Sport eine bisher langersehnte Aufwertung. Tausende ließen sich von den mitreißenden Reden des Reichskanzlers berauschen, so auch der Turnverein Rüppurr, der mit 40 Teilnehmern in Stuttgart dabei war.
In einem Artikel der Zeitung "Der Führer" vom 5. Juli 1934 kann man anläßlich des 60-jährigen Jubiläums des Turnvereins Rüppurr folgendes lesen:
"Im Juli vorigen Jahres beging der Verein in treuer Kameradschaft mit der SA und den übrigen Ortsvereinen ein großes Spiel- und Sportfest, wobei hunderte Augenzeuge deutschen Sports waren."
Auf sämtlichen Sportfesten und Veranstaltungen der folgenden Jahre war von nun an jedesmal die NSDAP-Ortsgruppe eingeladen. Der Turnverein Rüppurr hatte als Anhänger der Deutschen Turnerschaft längst seinen Grundsatz der politischen Unabhängigkeit aufgegeben und sich in den Dienst der Nationalsozialisten gestellt. Allerdings blieb dem Verein im Rahmen der Gleichschaltung kaum eine andere Möglichkeit zur Weiterarbeit.
1936
Im Jahre 1936 standen alle Turnwettbewerbe und Turnveranstaltungen im Zeichen der Olympiawerbung, so auch das 31. Kreisturnfest vom 27.-28. Juni in Karlsruhe-Rintheim, an dem sich der Turnverein Rüppurr beteiligte. Die Regierung unter Adolf Hitler hatte sich zum Ziel gesetzt, den deutschen Sport in einer noch nie dagewesenen Größe und Macht auf der Olympiade in Berlin zu präsentieren.
Wie stark die Vereine unter Druck gesetzt wurden, diesem Ziele nahe zu kommen, verdeutlicht auch das Schreiben des Kreisturnleiters an den Rüppurrer Verein:
"Unser 31. Kreisturnfest mit Olympiawerbung muss eine machtvolle Kundgebung für das deutsche Turnen werden. Die Teilnahme der Wehrmacht (mit einer Sondervorführung) gibt ihm eine besondere Bedeutung. Schon deshalb darf kein Turner und keine Turnerin fehlen. Alles muss aufgeboten werden. Wer sich drückt, ist ein Verräter an unserer guten Sache."
Auch am 1. Gaufest des DRL vom 21.-28. Juli 1936 in Karlsruhe war der Turnverein mit zahlreichen Aktiven vertreten. Mit über 597 Vereinsriegen der Turner und Turnerinnen konnte noch nie zuvor eine so große Teilnehmerzahl bei einem Turnfest erreicht werden. Doch auch dieses Fest stand unter dem Druck der NSDAP, die drohte: "Vereine, welche hier nicht antreten, gelten ab 1. August 1936 als aufgelöst."
1939
Der Beginn des Zweiten Weltkrieges im September 1939 griff sehr nachhaltig in den Turnbetrieb in Rüppurr ein. Bald waren fast die Hälfte aller Vereinsmitglieder zum Kriegsdienst verpflichtet, wodurch die Männerabteilung ganz zum Erliegen kam.
Trotz der finanziellen Not setzte sich die Vereinsleitung dafür ein, die eingezogenen Turnkameraden über die Geschehnisse des Vereins regelmäßig zu informieren und zu Weihnachten jedes Jahr ein kleines Päckchen zu schicken. Aus einem Rundschreiben vom 30. November 1941 des Vereinsführers Willi Bott an die Turnbrüder im Krieg gehen folgende Vereinsneuigkeiten hervor:
"Die gesamte wehrfähige Jugend des Turnvereins (ca. 40) befindet sich bei der Wehrmacht. Was in der Hauptsache noch da ist, das sind die über 40 Jahre und die Jugend unter 18 Jahren. Dazu kommen natürlich unsere Turnerinnen, die z.Zt. sehr auf Draht sind, sowohl im Turnen, als auch als erfolgreiche Handballerinnen. Auch die männliche Jugend ist eifrig beim Turnen und stellt zwei sehr gute Handballmannschaften, was Euch sicherlich interessieren dürfte."
Tatsächlich kann man feststellen, daß sowohl die Frauen- als auch die Jugendabteilung des Turnvereins über die Kriegsjahre einen sportlichen Aufschwung erlebten. Hauptsächlich wurde in dieser Zeit das Vereinsleben durch den Handballsport getragen. 1942 holte sich die männliche Jugend den Titel des Badischen Handballmeisters. Ein Jahr später errang dieselbe Mannschaft die Meisterschaft im Feldhandballspiel und war damit Gebietsmeister von Baden und Elsaß. Im Spätjahr 1944 wurde die weibliche und männliche Jugendmannschaft bei einem Hallenhandballturnier in Karlsruhe erneut Handballmeister.
1944
Ende Herbst 1944 war es auch dem Turnverein Rüppurr nicht mehr möglich, seine Vereinsaktivitäten aufrecht zu halten. Friedrich Eller, der 1944 die Vereinsleitung für den eingezogenen Willi Bott übernommen hatte, beschrieb später die Lage wie folgt:
"Eine schwere Zeit herrschte zu diesem Zeitpunkt, wo jeden Tag sowie bei Nacht nur noch Fliegeralarm zu hören war... Weitere Veranstaltungen konnte man nicht unternehmen, da die Zeit immer kritischer wurde."
Dem letzten und zugleich schwersten Luftangriff der Alliierten auf Karlsruhe im Dezember 1944 fiel auch das Turnerhäusle der Rüppurrer zum Opfer. Sämtliches vereinseigenes Inventar und fast alle Turngeräte wurden durch die Bomben zerstört. Der unbeschädigte Teil des Turnerheimes wurde 1945 unberechtigter Weise vermietet und konnte auch auf dem Klageweg nicht wieder zurückgewonnen werden.
Der Sport in Deutschland nach dem 2. Weltkrieg
Das Frühjahr 1945 brachte den Zusammenbruch des schrecklichen Krieges. "Als Deutschland am 8. Mai 1945 bedingungslos kapitulieren mußte, hatten Krieg und Diktatur Milionen von Opfern gekostet."
Trotz der großen Not in den Trümmern der zerstörten Städte erwachte unter der Bevölkerung schon bald wieder die Lust zum Sporttreiben, zum Spielen, Turnen und zur Gymnastik. Neben den Sorgen um den Wiederaufbau versuchte man, im Sport Ablenkung und Ausgleich zu finden.
Da Deutschland von den Besatzungsmächten verwaltet wurde, gestaltete sich die Organisation der Turn- und Sportvereine in den vier Zonen zunächst unterschiedlich. Oberstes Ziel der vier Mächte USA, Sowjetunion, England und Frankreich war, die Schuldigen des nationalsozialistischen Regimes zu bestrafen und die deutsche Bevölkerung zur Demokratie zu erziehen. Da Turnen und Sport sowie die Leibeserziehung stark unter dem Einfluß der NSDAP gestanden hatte und sich auch von deren Machthabern benutzen und mißbrauchen ließ, galt zunächst ein striktes Verbot sämtlicher Turn- und Sportvereine. Den Nationalsozialistischen Reichsbund für Leibesübungen und seine anhängenden Vereine, zu denen auch der Turnverein Rüppurr zählte, hatte man kurzerhand aufgelöst. Es wurde strengstens darauf geachtet, daß "alles, was nach Militarismus und Wehrsport aussah, alles was an Nationalsozialismus errinnerte," im neuen Sport in Deutschland keinen Platz mehr finden würde.
Ungeachtet des Verbots bildeten sich schon im Sommer 1945 wieder Turn- und Sportvereine, hauptsächlich aus den Traditionsvereinen, die es auch über die Zeit des Krieges hinweg geschafft hatten, einen gewissen Zusammenhalt zu bewahren. Von ihnen ging der eigentliche Neubeginn des Sports in Westdeutschland aus. Zu diesen ersten Nachkriegsvereinen kann sich auch der Turnverein Rüppurr zählen, der bereits im November 1945 seine Vereinsarbeit im beschränktem Umfang wieder aufnahm.
Am 13. März 1946 wurde in Karlsruhe der Badische Sportbund gegründet, der sämtliche Turn- und Sportvereine vereinigte und allen Sportarten den Spielraum zur freien Entfaltung gewährte. Im selben Jahr fand auch die eigentliche Neugründung des Turnvereins 1874 Karlsruhe-Rüppurr im Gasthaus zum Hirsch statt.
1946
Es war Gustav Strube, dem es Ende 1945 gelang, den Verein aus dem völligen Erliegen neu ins Dasein zu rufen. Als langjähriges Mitglied unternahm er ungezählte Gänge zu den Dienststellen der Besatzungsmacht, bis er schließlich die Genehmigung für die Aufnahme der Vereinstätigkeit erhielt.
Bei den zähen Verhandlungen mit den Behörden unterstützte ihn vor allem der damalige zweite Vorstand, Polizeikommissar Eugen Koch. In dieser Zeit wurde der Verein von Friedrich Eller vertreten, da es dem ersten Vorstand Willi Bott aus politischen Gründen nicht erlaubt war, dem Verein vorzustehen.
Eine schnelle Wiederbelebung des Turnvereins war den Handballspielern zu verdanken, die in freier Weise Spiele mit Mannschaften der Umgebung vereinbarten und austrugen. Das Turnen selbst blieb 1945 noch verboten und wäre auch nicht möglich gewesen. "Die Turngeräte waren nämlich entweder ausgebrannt, abhanden gekommen oder bis zur Unbrauchbarkeit beschädigt." Hinzu kam, daß Truppen der Besatzungsmächte die Turnhalle der Riedschule besetzt hielten. Erst Anfang 1946, als die Turnhalle sowie der Saal des Gasthauses zum Eichhorn von der Militärbenutzung frei wurde, konnte der Turnbetrieb unter erheblichen Schwierigkeiten wieder aufgenommen werden. Der Turnverein 1874 Karlsruhe-Rüppurr war damit einer der ersten Vereine, die wieder regelmäßig turnten.
Im Monat Mai 1946 kam es zur ersten Haupt- bzw. Gründungsversammlung nach dem Kriege im Gasthaus zum Hirsch. Die Versammlung hatte Friedrich Eller beantragt und ebenso die Namensänderung von Turnverein zu Turn- und Sportverein 1874 Karlsruhe-Rüppurr. Die Umbenennung sollte dem erweiterten sportlichen Tätigkeitsbereich und der erfreulichen Fortschritte der Handballabteilung Rechnung tragen. Eugen Koch wurde zum ersten und Gustav Strube zum zweiten Vorsitzenden gewählt. Einstimmig beschlossen die Anwesenden, Friedrich Eller zum Ehrenvorsitzenden zu ernennen.
Im Dezember 1946 konnte der TSV Rüppurr den in der Tulpenstraße gelegenen Tennisplatz übernehmen. Zuvor war der Tennisclub Rüppurr, nach dessen Auflösung im Frühjahr 1945, in den neugegründeten Turn- und Sportverein Karlsruhe-Rüppurr eingetreten. Bis 1953, dem Jahr der Neugründung des Tennisclubs (TC Rüppurr), hatten nun alle Mitglieder des Vereins die Möglichkeit, den Tennissport auszuüben.
In den folgenden Jahren gelang es dem Verein, nicht nur seine Mitgliederzahl zu erhöhen, sondern auch weitere Sportarten zum bisherigen Turn- und Handballbetrieb aufzunehmen. So belebten leichtathletische Wettkämpfe, Turn- und Sportfeste, Handballturniere und erstmalige Versuche im Faustballspiel die Vereinsarbeit. Der Jugendarbeit schenkte man besondere Beachtung, so daß bald in allen Bereichen Jugend- und Schülergruppen bzw. -mannschaften entstanden.
Großen Einfluß auf die zunehmende Attraktivität des Sports allgemein hatten u.a. auch die internationalen Erfolge der westdeutschen Sportler. Der Leistungssport gewann unter der Bevölkerung immer stärkere Popularität. Ein neues nationales Selbstbewußtsein entstand, was dazu führte, daß der Leistungssport bald staatlich gefördert wurde.
1952
Neben dem zerstörten "Turnerhäusle" traf den Turn- und Sportverein Anfang 1946 ein weiterer schwerer Verlust. Er mußte sein ehemaliges Sportgelände im "Gewann Kuhlager-Seele" an die Stadt Karlsruhe bzw. an das Domänenamt zur Errichtung von Kleingärten abgeben.
Als Ersatz wurde dem Verein ein Grundstück im "Gewann Fautenbruch" beim Wasserwerk zur Verfügung gestellt, welches die Mitglieder in großer Mühe und mit viel Kraftaufwand von Bombentrichtern und anderen Kriegsspuren befreiten und dadurch spielfähig machten. Da das Gelände ursprünglich dem 1933 aufgelösten VfB Südstadt (Verein für Bewegungsspiele) zugewiesen war, mußte sich der TSV Rüppurr den Platz mit dem VfB teilen. Dieser Zustand brachte einige Probleme mit sich, da es ständig zu Auseinandersetzungen der beiden Vereine in Bezug auf Belegung und Instandsetzung des Sportgeländes kam. Die gespannte Lage zeigt sich unter anderem in einem Schreiben des Turn- und Sportvereins an das Städtische Sportamt:
"Sie spielen und benutzen den Platz wie es ihnen gefällt und gerade paßt... Der Platz selbst befindet sich entgegen seinem vorjährigem Zustand in mehr als trauriger Verfassung."
Ein weiteres Übel stellten die fehlenden Wasch- und Umziehmöglichkeiten auf der Anlage sowie deren weit entfernte Lage dar.
Die Forderung nach einem besseren Sportplatzgelände war der Stadtverwaltung verständlich, aber erst die im Jahre 1951 von der Stadt Karlsruhe geforderte Verlegung der im Wassereinzugsgebiet gelegenen Platzanlage kam diesem Wunsch entgegen. "Sofort wurde eine Kommission gebildet, die den Auftrag hatte, in Ortsnähe von Rüppurr ein geeignetes Gelände zu erkunden. Nach mehreren Rundgängen und sorgfältiger Abwägung war man sich einig, daß das Gelände am 'Eichelgarten' wohl das geeignetste sein würde." Der Verein erhielt die Zuweisung dieses Geländestückes, und bereits 1953 konnte die Neuanlage des Sportfeldes im "Gewann Eichelgarten" in Angriff genommen werden. Besonders zu erwähnen sei hier der damalige Sportdezernent und Bürgermeister der Stadt Karlsruhe, Dr. Gutenkunst, welcher sich intensiv für das Vorhaben des Turn- und Sportvereins einsetzte und auch in den folgenden Jahren mit finanzieller Hilfe für Unterstützung sorgte.
Sämtliche Planungsarbeiten wurden von Emil Fischer übernommen, der als Bauingenieur und Mitglied des Vereins selbstlos und unermüdlich das Projekt leitete. Da die anfallenden Kosten den Rahmen der Vereinskasse zu sprengen drohten, appellierte man wieder an die Turner und Sportler des Vereins, im freiwilligen Arbeitsdienst bei der Herrichtung der geplanten Anlage tatkräftig mitzuhelfen. Die große Arbeitsbereitschaft und der bewundernswerte Gemeinschaftssinn der ca. 200 Mitglieder ermöglichte eine schnelle Fertigstellung der Spiel- und Sportplatzanlage mit einer 100 m langen Aschenbahn sowie einer Weitsprunganlage. Bis zum April desselben Jahres hatte der Verein aus alten Barackenteilen auf seinem Sportplatz eine provisorische Unterkunftshütte erstellt. Die Baracke diente von nun an als neues Turnerheim, bis der TSV Rüppurr den Bau eines massiven Vereinsheimes ermöglichen konnte. Im Gegenzug der erhaltenen finanziellen Unterstützung durch die Stadt Karlsruhe verpflichtete sich der Verein, seine Sportplatzanlage gegen eine geringe jährliche Entschädigung den städtischen Schulen an vereinbarten Tagen und Stunden zur Mitbenutzung zur Verfügung zu stellen.
1956
Unermüdlich wurde in den folgenden Jahren am weiteren Ausbau der Sportplatzanlage und dem Turnerheim gearbeit. 1956 hatte der Turn- und Sportverein Rüppurr schließlich sein Ziel erreicht.
Der herrliche in Ortsnähe gelegene Sportplatz zeichnete sich durch eine 400 m lange Aschenbahn, drei Weitsprung-, eine Hochsprung- und Kugelstoßanlage, ein Spielfeld sowie mehrere Ringtennis- und Faustballfelder aus. Die Errichtung einer Kleingolfanlage verdankte der Verein Emil Fischer, der diese in Eigenarbeit übernommen hatte. Auch das Turnerhäusle enthielt Räume für Geräte, Umkleidung, Dusche und Kantine. Die Begeisterung der vollbrachten Leistungen spiegelte sich in einer erfolgreichen Einweihungsfeier vom 26.-28. Mai 1956 wider. Sämtliche Rüppurrer Vereine beteiligten sich z.T sportlich, aber auch musikalisch an diesem Fest, welches mit der Enthüllung des Gedenksteines für die Gefallenen beider Kriege eingeleitet wurde.
Der Bau der Sportanlage wirkte sich sehr positiv auf die weitere Entwicklung des Turn- und Sportvereins aus. Das spielerische und sportliche Leben erfuhr einen mächtigen Aufschwung; gleichzeitig stieg die Zahl der Mitglieder bedeutsam an. In dieser Zeit kam es zur Gründung einer eigenständigen Leichtathletik- und Faustballabteilung, und der Grundstein einer eigenen Ringtennisabteilung wurde gelegt. Allein die Turnabteilung hatte etwas unter dieser Entwicklung zu leiden. In der Festschrift des Vereins von 1959 ist zu lesen:
"Mit dem Zustrom der Jugend auf die neuen Spielfelder unter freiem Himmel konnte das Geräteturnen in der Halle nicht mehr Schritt halten."
1959
Den krönenden Abschluß der erfolgreichen 50er Jahre bildete das 85-jährige Jubiläumsfest. Das Jahr 1959 stand auch gleichzeitig unter dem Zeichen der Werbung für den Sport allgemein.
So richtete der TSV Rüppurr neben seiner eigentlichen Festveranstaltung verschiedene sportliche Höhepunkte, wie z.B. das kreisoffene Jugendhandballturnier, auf seiner Sportanlage aus.
Willi Bott beendete mit diesem Jahr seine langjährige Arbeit als 1. Vorsitzender des Turn- und Sportvereins. Er hatte sich besonders um den Wiederaufbau und die Wiedererstarkung des Vereins in einer allgemeinen Phase des Aufschwungs in Westdeutschland (Beginn des Wirtschaftswunders) verdient gemacht. Für sein großes Engagement und die über 20-jährige Tätigkeit als Vorstand wurde ihm 1960 die Ehrennadel des Deutschen Sportbundes verliehen.
1961
Die erfolgreichsten Abteilungen in den 60er Jahren waren Ringtennis und Leichtathletik. Besonders in den Jugendklassen konnten mehrere Badische Meister und sogar zwei Deutsche Meister hervorgebracht werden.
Der steigende Aufschwung im wirtschaftlichen und kulturellen Bereich wirkte sich auch positiv auf die Entwicklung der Turn- und Sportvereine aus. Der TSV Rüppurr erlebte so wie viele andere Vereine einen merkbaren Anstieg der Mitgliederzahlen. Schon bald zeigte sich, daß das 1953 errichtete "Turnerhäusle" nicht mehr den Anforderungen des aufstrebenden Sportvereins gewachsen war. Besonders die schlechten sanitären Anlagen, Wasch- und Umziehmöglichkeiten sowie der enge Gemeinschaftsraum standen der steten Weiterentwicklung des Vereins entgegen.
Als sich die Lage sogar soweit zuspitzte, daß dem Verein erhebliche Mitgliederaustritte drohten, entschloß man sich, trotz großer Bedenken in Hinblick auf die finanzielle Belastung, zum Neubau des Vereinsheimes. Die Zusage finanzieller Unterstützung durch die Stadtverwaltung Karlsruhe, den Badischen Sportbund und das Regierungspräsidium Nordbaden erleichterten das Bauvorhaben. In einer einzigartigen Spendenaktion gelang es dem Verein und seinen Mitgliedern, ein Eigenkapital in Höhe von 17.674,95 DM aufzubringen. Nun stand dem Bauprojekt, welches im ersten Abschnitt den Bau eines Keller-, Erd- und Dachgeschosses mit mehreren Umkleide- und Geräteräumen sowie einem Duschraum, einem Sitzungs- und Jugendzimmer, einem großen Aufenthaltsraum und einer 4-Zimmerwohnung für den Platzmeister vorsah, nichts mehr im Wege.
Zwei Mitglieder, die Architekten Emil und Wolfgang Fischer, erwarben sich große Verdienste durch die Übernahme der Plangestaltung und technischen Durchführung des Neubaus. Verantwortlich für die Finanzierung des Projekts war Fritz Gröner. Bereits im Oktober 1962 konnte das Richtfest gefeiert werden. Dank der vielen privaten Spenden und freiwilligen Helfer, die in ungezählten Arbeitsstunden und zu jeder Jahreszeit auf der Baustelle tätig waren, konnte das neue Vereinsheim im November 1963 noch vor dem 90-jährigen Vereinsjubiläum seiner Bestimmung übergeben werden. Der Weg für eine erfolgreiche Zukunft war geebnet. "Mögen das neue Haus und die Sportanlagen immer Pflegestätten der sportlichen Erziehung und Ausbildung sowie der Freude und Erholung sein." Dieser Satz leitete die Denkschrift zur Einweihung des Vereinsheimes ein und war richtungsweisend für die Bestrebungen der Vereinsleitung, Jugendarbeit und Breitensport in den kommenden Jahren besonders zu fördern.
1964
Im Rahmen des sogenannten "Goldenen Plans" des Deutschen Sportbundes konnten Vereine in den 60er Jahren beim Bau neuer Sportstätten finanziell durch den Staat unterstüzt werden. Ein weiteres Programm des DSB wurde unter dem Namen "Zweiter Weg" in sämtlichen Turn- und Sportvereinen propagiert und hatte zur Absicht, die Bevölkerung verstärkt zur sportlichen Betätigung im Verein anzuregen.
"Nicht Leistungssport und Terminkalender, sondern das gesunde körperliche Streben 'jedermanns' soll dabei im Vordergrund stehen."
Man hatte den akuten gesundheitlichen Notstand der Bevölkerung erkannt. Die Folge durch Bewegungsmangel führte vermehrt zu Herz-Kreislauf-Erkrankungen, einseitigen Belastungserscheinungen durch Beruf und Haushalt sowie zu häufigen Fehlhaltungen schon im Kindesalter. Den Begriff des Freizeitsports kannte man in diesem Sinne noch nicht, vielmehr gebrauchte man Bezeichnungen wie Turnen oder Sport für Jedermann.
Früh erkannte die Vereinsleitung die Zeichen der Zeit. Sämtliche Schulen und Haushalte wurden in Form von Rundschreiben über die Vorteile des Turnens für Jedermann und über die Angebote des Vereins informiert. Organisierte Großveranstaltungen, wie z.B. der Staffellauf "Rund um den Märchenring" aller Rüppurrer Vereine, und zahlreiche Werbeveranstaltungen auf der eigenen Platzanlage führten dazu, daß der Verein in der Zeit von 1959 bis 1964 eine Steigerung der Mitgliederzahlen von 557 auf 650 erreichte. Drei weitere Abteilungen wurden gegründet: die Ringtennisabteilung 1959, die Gymnastikabteilung für Frauen 1960 und die für Männer 1963. Sportfeste, Wanderungen, Altestreffen und Vereinsausflüge wurden zur ständigen Einrichtung des aktiven Vereinslebens. Über die Winterzeit, die eine Platzbenutzung nicht mehr möglich machte, veranstaltete der Verein jährlich ein vielschichtiges Winterprogramm mit Film- und Diavorführungen sowie einigen Vorträgen bekannter Sportler oder Persönlichkeiten.
1965
Durch den Mitgliederzuwachs und die Angebotserweiterung kamen auf den Turn- und Sportverein jedoch auch gewaltige Probleme zu. Franz Göckel, seit 1960 1. Vorstand, nahm auf der Jahreshauptversammg 1965 zur dieser Situation wie folgt Stellung:
"Die vom Deutschen Sportbund von der Öffentlichkeit zugedachten Aufgaben im Rahmen des 2. Wegs und die allgemeine wirtschaftliche Entwicklung erfordern einen Einsatz, der über unsere Kräfte geht. Wir sollen einen möglichst großen Personenkreis zusätzlich zu unserem bisherigen Bestand anwerben und erfassen, ihn in unsere Übungsstunden eingliedern oder neue Übungsstunden einrichten. Wir sollen aber auch die Übungsleiter hierzu finden und stellen. Und wir sollen - von den bisherigen geringen Zuschüssen aus der öffentlichen Hand abgesehen - auch die hierfür erforderlichen Gelder aufbringen. Dies sind Aufgaben, denen kein Verein dieser Gattung gewachsen sein kann."
Die Frage nach der Vergütung der bisher größtenteils ehrenamtlich arbeitenden Übungsleitern und Übungsleiterinnen lösten heftige Debatten unter den Turnratsmitgliedern aus. Um die vielen Leiter der einzelnen Abteilungen zu halten und neue Übungsleiter zu gewinnen, sah man schließlich keinen anderen Ausweg, als von nun an jedem ein gewisses Entgelt zu bezahlen. Die dadurch entstandene hohe finanzielle Mehrbelastung des Vereins beschloß man über eine Beitragserhöhung auszugleichen.
Mittlerweile nutzten neben den Vereinsmitgliedern noch 1290 Schüler der Rüppurrer Riedschule, Eichelgartenschule und des Max-Planck-Gymnasiums regelmäßig die vereinseigenen Sportanlagen. Um diesem Ansturm Rüppurrer Schulen gewachsen zu sein und um die starken Abnutzungserscheinungen in Grenzen halten zu können, erhielt der Verein 1966 von der Stadtverwaltung die Zusage für die kostenlose Errichtung eines zweiten Spielfeldes am Eichelgarten. Die schlechte finanzielle Lage der Stadt verzögerte den Bau des neuen Sportplatzes über mehrere Jahre. Erst 1972 konnte das Feld schließlich mit der Hilfe des Vereins fertiggestellt werden.
1967
1967 wurde Erwin Moser zum 1. Vorstand gewählt. Er löste damit Franz Göckel, der sich besonders für die Durchführung des "Zweiten Weges" und des Breitensports eingesetzt hatte, nach langjähriger Amtszeit ab.
Seine Vorstandschaft brachte wieder neuen Schwung in den Turn- und Sportbetrieb. Neben einer verstärkten Werbung wurde das Mehrzweckspielfeld um drei Ringtennisfelder erweitert. Im Rahmen eines 1973 von der Stadtverwaltung geförderten Freizeitprogramms vereinbarte Erwin Moser zusammen mit dem Bürgermeister Wäldele, daß "Nichtmitgliedern zum Erlangen des Sportabzeichens die Mitbenutzung der Vereinsanlagen ermöglicht wird." Als Gegenleistung dafür erhielt der Verein monatlich 5,- DM pro Teilnehmer. 1974 beschloß man, zum weiteren Ausbau des Freizeitsports neben der Platzanlage auch noch die Turnstunden der Skigymnastik und die der Frauen für Nichtmitglieder zu öffnen.
1974
Der zweite Bauabschnitt des Vereinsheimes wurde aufgrund der hohen finanziellen Belastung lange Zeit hinausgezögert. Die erheblich gestiegenen Mitgliederzahlen besonders in der Turnabteilung und der umfangreiche Sportbetrieb machten den Anbau einer Gymnastikhalle und weiterer Umkleide- und Duschräume jedoch dringend erforderlich.
Auf der außerordentlichen Mitgliederversammlung am 16. Mai 1973 forderte Erwin Moser die Anwesenden auf, endgültig zu klären: "bauen wir, oder bauen wir nicht?" Letztendlich war man der Meinung, daß die Chance zur Erweiterung nicht vertan werden dürfte, zumal mit großen Zuschüssen der Stadtverwaltung aus Sportfördermitteln zu rechnen war. Im Sommer 1973 begann man also, die bereits beim Bau des ersten Abschnitts gefaßten Pläne in die Tat umzusetzen. Ein Jahr später konnten schon zwei neue Dusch- und drei Umkleideräume sowie vier Toiletten für den Sportbetrieb freigegeben werden.
In diesen Zeitraum fielen die Feierlichkeiten zum 100-jährigen Jubiläum des Turn- und Sportvereins 1874 Rüppurr, die bisher bedeutendste Großveranstaltung seit Gründungsbeginn. Bereits seit 1972 hatte sich ein Jubiläumsausschuß mit der Organisation der Festveranstaltungen beschäftigt. Eine Sportwerbewoche, in der alle Sparten des Vereins zu ihrem gebürtigen Einsatz kamen, gab der Bevölkerung Einblick in die Arbeit des Rüppurrer Sportvereins. Die gesamte Jubiläumswoche war gespickt mit verschiedenen Höhepunkten im Bereich Faustball, Gerät- und Trampolinturnen, Gymnastik, Fechten und Leichtathletik. Nach Ansicht Dr. Rolf Kiefers, Vorsitzender des Badischen Turnerbundes, hatte es der TSV Rüppurr als Großverein geschafft, "in einer Zeit, in der man vielfach versucht, den Verein als reinen Dienstleistungsbetrieb zu betrachten, der nur dann Aussicht auf Weiterbestehen habe, wenn er in der Maschinerie einer von hauptamtlichen Managern gesteuerten Computerlandschaft angesiedelt sei," echte Gegenpole zu setzen. Damit würdigte er die gut funktionierende Vereinsgemeinschaft und die vielen ehrenamtlichen Tätigkeiten innerhalb des Vereins, ohne die das vielfältige Angebot an turnerischen und sportlichen Disziplinen nicht möglich wäre.
Im Rahmen zahlreicher Ehrungen wurde der Turn- und Sportverein mit der Jubiläumsfahnenschleife des Deutschen Turnerbundes und dem Ehrenteller des Badischen Sportbundes ausgezeichnet.
Mit der Fertigstellung des Gymnastikraumes, der Platzwartwohnung im Dachgeschoß und der Kegelbahn wurde der Neubau am 20. November 1975 eingeweiht. Die Bauleitung hatte nach dem 100-jährigen Jubiläumsfest Rolf Fesenbeck übernommen, da Emil Fischer aus dem Vorstand ausgeschieden war. Die gelungene Durchführung des zweiten Bauabschnitts verdankte der Verein nicht nur den Zuschüssen der Stadt Karlsruhe, des Regierungspräsidiums und des Badischen Sportbundes, sondern besonders den privaten Spenden und freiwilligen Arbeitsleistungen seiner treuen Mitglieder. Voller Stolz berichtete Erwin Moser auf der Jahreshauptversammlung 1976 über die erfreulichen Auswirkungen des Anbaus:
"Weite Kreise der Bevölkerung und auch der kommunalen Politiker sprechen mit Hochachtung über unser erweitertes Vereinsheim, was ja die bereits sehr zahlreich stattgefundenen Veranstaltungen deutlich unter Beweis stellten."
1977
Im März 1977 legte Erwin Moser nach 10-jähriger Amtszeit als 1. Vorsitzender des TSV Rüppurr seinen Posten nieder. In der Zeit seiner Tätigkeit stieg die Zahl der Mitglieder von 671 auf 1430 an.
Höhepunkte seiner Vereinsführung waren neben dem Ausbau des Breitensports und der Jugendarbeit die Durchführung des 2. Bauabschnitts, die Gründung einer Skiabteilung sowie der Montagsturnergruppe und die 100-Jahrfeier 1974. Für die Tennisabteilung und den Bau der 6 Tennisplätze 1978 hatte Erwin Moser alle Voraussetzungen geschaffen und die notwendigen Schritte in die Wege geleitet. Nachfolger wurde Otto Hirth, Bundesspielwart im Deutschen Turnerbund, der bis 1984 dem Verein vorstand.
1978
Neue Abteilungen, wie Tennis und Volleyball, sowie die Einführung von Yoga, Jazz-Gymnastik und Mutter+Vater+Kind-Turnen im Rahmen der Turnabteilung erweiterten erheblich den Sportbetrieb.
Wanderungen und Volksläufe wurden in Zusammenhang mit den "Trimm-dich-Spielen" durchgeführt, und seit 1979 begann auf der Grundlage der Empfehlungen des Deutschen Sportbundes die Einrichtung eines ständigen Laufsports, welcher sofort regen Zuspruch fand.
Es war Otto Hirths Verdienst, daß 1980 die bedeutende Austragung der Deutschen Schüler-Meisterschaften im Faustball auf der Rüppurrer Sportanlage stattfinden konnte.
Die Eröffnung der Tennisanlage am 28. Mai 1978 war "ohne Rücksicht auf die Witterungsverhältnisse" (Zitat aus dem Einladungsschreiben) vorgesehen. Doch dann kam das Hochwasser und verzögerte den offiziellen Start bis zum 03. September 1978.
Eine, anlässlich des 40-jährigen Bestehens erstellte, umfassende Chronik der Tennisabteilung von 1978 bis 2018 ist auf unserer Internetseite zu finden. Die Eröffnung der Tennisplätze 1978 wurde in einem Dokumentarfilm (YouTube) von Kurt Bayerl festgehalten.
1980
Die Einführung des "TUS-report", einer Vereinszeitschrift für die Mitglieder, sollte von nun an als Bindeglied und Kommunikationsmittel innerhalb und außerhalb des Vereins dienen.
Eigentlicher Initiator des TUS-reports war Karl Geesing, Vorstandsmitglied für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, der das Ziel verfolgte, "zukünftig das Vereinsgeschehen schriftlich festzuhalten, ja sogar veröffentlichen zu wollen, um damit für eine regelmäßige Ansprache und Benachrichtigung aller Mitglieder zu sorgen."
Bis zum Ende der Vorstandschaft Otto Hirths hatte sich der Verein zu der größten Freizeitsportorganisation des Stadtteils Rüppurr und zu einem der angesehensten Karlsruher Sportvereine mit einer Mitgliederzahl von 1750 entwickelt. Daß Otto Hirth 1984, im Jahr des 110-jährigen Jubiläums, als erster Vereinsvorsitzender bei den Vorstandswahlen nicht wiedergewählt wurde, lag an seiner Forderung, für den Vorsitzenden den Titel "Präsident" einzuführen. Er vertrat die Meinung, daß "sich die Interessen des Vereins, insbesondere nach außen, durch die Bezeichnung Präsident für den Vorsitzenden mit gewichtigerem Respekt und mit besserem Eindruck vertreten lassen." Dieser Vorschlag wurde mehrheitlich abgelehnt und sein Gegenkandidat Erwin Moser für die nächsten zwei Jahre zum 1. Vorsitzenden ernannt.
Unbestreitbar sind jedoch die Verdienste Otto Hirths, Träger des Bundesverdienstkreuzes, welcher zu den höchst ausgezeichnetsten Männern des Deutschen Turnerbundes und des Vereins zählt und noch heute dem Verein als Vorsitzender des Ehrenrates tatkräftig zur Seite steht.
1986
Seit 1986 führte Günter Brümmer den Verein, der von nun an als "Turn- und Sportverein 1874 Rüppurr e.V. (TUS Rüppurr)" firmiert.
Der Zusatz übernimmt damit die schon längst gebräuchliche Abkürzung für den Verein. Ansatzlos setzte der neue 1. Vorsitzende die geleistete Arbeit im Jugend- und Breitensport seiner Vorgänger fort. Da der Verein trotz höchster Mitgliederzahlen noch immer ehrenamtlich geführt und überwiegend durch ehrenamtliche Übungsleiter/-innen trainiert wird, kann dem Leistungssport kein hoher Stellenwert eingeräumt werden. Das Grundkonzept Brümmers ist daher seit jeher: "Familien- und Freizeitsport für jeden und so viel wie möglich, Wettkampf- und Leistungssport für daran interessierte und so wenig wie nötig."
Diese Einstellung hat sich bis heute bestens bewährt. In über 50 Sport- und Übungsangeboten können die Vereinsmitglieder sämtlicher Alters- und Leistungsgruppen ihrem Lieblingssport nachgehen. Dazu kommen noch zahlreiche "offene", d.h. auch für Nichtmitglieder zugängliche Veranstaltungen im Fitneß- und Gesundheitssport, die zusätzlich in das Vereinsangebot aufgenommen wurden.
1997
Daß der Turn- und Sportverein Rüppurr auch in anderen Bereichen fortschrittlich und modern arbeitet, zeigt nicht nur die vierteljährliche Ausgabe des TUS-reports, der seit 1988 am Vereinscomputer erstellt wird, sondern auch die Präsenz mit eigener Homepage im Internet.
Dieser zukunftsweisende Multimedia-Einsatz ist dem besonderen Engagement des stellvertretenden Vorsitzenden und Redaktionsmitglieds Dr. Hartmut Braun zu verdanken.
"So können beispielsweise aktuelle Informationen rund um die Abteilung, wie Veranstaltungstermine, aber auch die aktuellen Tabellen der einzelnen Mannschaften abgerufen werden. Auch neue Mitglieder können auf dieser Basis gefunden werden."
Beachtlich und nicht selbstverständlich ist, daß solche Arbeiten wie auch die gesamte Führung des Vereins von Ehrenamtlichen geleistet werden. Es gibt auch keine Schwierigkeiten, immer wieder neue ehrenamtliche Mitarbeiter zu finden. Herausragendes Beispiel ehrenamtlicher Tätigkeit ist der Kassenwart Kurt Reick, der sein Amt nach 30-jähriger Tätigkeit 1995 in jüngere Hände legte!
Im gleichen Jahr wurde der Tennispavillon eingeweiht. Als Studentenwettbewerb im Jahr 1988 gestartet, konnte das Projekt nach fast zehnjähriger „Entstehungsphase“ schließlich umgesetzt werden.
Eine ausführliche Beschreibung ist in der Chronik der Tennisabteilung zu finden.
1999
Verbesserte Sportanlagenbedingungen durch den Ausbau der Spielfelder, Umkleide- und Duschräume, die Sanierung des Allwetterspielfeldes und der sanitären Anlagen im Vereinsheim und durch den Bau eines siebten Tennisplatzes, einer modernen Beachvolleyballanlage mit drei Plätzen und schließlich eines fünfbahnigen Bouleplatzes im Jubiläunsjahres 1999 führten zu einer erhöhten Attraktivität des Vereins und zu einem Leistungsansporn in den einzelnen Abteilungen.
Spitzenleistungen werden heute vor allem im Volleyball, Faustball und Ringtennis gezeigt. Aber auch die Schüler- und Jugendturnerinnen sind auf Bezirks- und Landesebene sehr erfolgreich.
Zum 125-jährigen Bestehen des TUS Rüppurr, das mit einer Sportwoche im Juli 1999 gebührend gefeiert werden sollte, lud der 1. Vorsitzende Günter Brümmer im TUS-report folgendermaßen ein:
"Verehrte Gäste, liebe Mitglieder und Freunde des TUS,
es ist soweit: 125 Jahre hat unser Verein trotz mancher historischer Turbulenzen nicht nur gut überstanden, sondern zu blühendem Wohlbefinden genutzt, wahrlich Anlaß und Grund genug, ausgiebig und mit Stolz zu feiern. Hierzu möchte ich Sie und Euch alle herzlich einladen und willkommen heißen.Wie und wo gefeiert werden soll, verrät Euch diese Jubiläumsausgabe unseres TUS-reports: Eine ganze Woche mit täglich neuen Attraktionen ist dem Sport und Freizeitvergnügen gewidmet und verspricht angesichts aufwendiger Vorbereitungen zu einem festlichen Höhepunkt in und um Rüppurr, Weiherfeld und Dammerstock zu werden. Drückt mit uns die Daumen für strahlendes Sommerwetter und: Auf geht's zum TUS!
Täglich werden wir bewirtet, von den verschiedenen Abteilungen im Festzelt oder in unserer Vereinsgaststätte oder auf der Terrasse mit Aussicht auf jede Menge Aktivität, Spiel und Spaß. Sie werden sich nicht langweilen, nehmen Sie sich Zeit und besuchen Sie unsere Ausstellung über vergangene Zeiten im TUS; erinnern und finden Sie sich auf dem einen oder anderen Bild wieder.
Unseren Mitgliedern überreichen wir zugleich mit diesem TUS-report unsere Festschrift, mit der wir alle auf das Jubiläum einstimmen möchten, mit der wir Ihnen zugleich auch danken möchten für Ihre Treue, Unterstützung und Zuneigung. Diese Festschrift ist bewusst keine Werbeschrift und kein Programmheft, sondern eine bleibende Dokumentation der geschichtlichen und gesellschaftspolitschen Zusammenhänge, in denen der TUS herangewachsen ist, und sie erinnert an die vielen Persönlichkeiten, denen der TUS sein Werden und sein Fortbestehen verdankt. Unser Mitvorsitzender, Dr. Hartmut Braun, hat sie auf der Grundlage des historischen Quellenstudiums der Diplomarbeit von Frau Kirstin Klee verfasst, gestaltet und herausgegeben, wofür ich mich bei ihm ganz herzlich und auch in Ihrem Namen bedanken möchte. Ich wünsche Ihnen viel Vergnügen beim Lesen und Erinnern.
Ich freue mich, Sie zu unserem Jubiläum vom 2. bis 12. Juli wiederzusehen und begrüßen zu können, Ihr Günter Brümmer"
Die Sportwoche wurde ein voller Erfolg, so daß Günter Brümmer im nächsten TUS-report schreiben konnte:
"Liebe Mitglieder, liebe Freunde des 125-jährigen TUS,
wir dürfen stolz sein auf unser gelungenes Jubiläum mit seiner Ausstellung, die immer von Neuem Besucher zum Erinnern zusammengeführt hat, mit seiner Festschrift, die nicht nur bewundert, sondern gelesen wurde und einen Platz im Bücherregal finden wird, mit einer ganzen Woche täglicher Sport- und Spielattraktionen, die nicht aufs Zuschauen, sondern darauf ausgerichtet waren, mitmachen zu können, und mit täglich neu einladender Gastlichkeit und Bewirtung mitunter bis tief in die Nächte.All dies war nur möglich durch ein beispielloses und homogenes Zusammenwirken und Miteinander aller Abteilungen und einer vorzüglichen Regie... Allen sei an dieser Stelle ganz herzlich gedankt, bewußt namenlos, weil ich weiß, daß alle, die jetzt aufzuzählen wären, nicht um ihrer selbst willen, sondern mit Herz und Spaß ihren Beitrag geleistet und sich eingesetzt haben."
2000
Zur Jahrtausendwende hatte der TUS- Rüppurr ca. 1600 Mitglieder, die sich auf 9 Abteilungen verteilten.
Im Oktober 2000 fand zum ersten Mal der Lauf der Rüppurrer Schulen statt. Jedes Jahr nehmen hieran Schülerinnen und Schüler der Eichelgartenschule, Realschule Rüppurr, Riedschule, Weiherwaldschule und des Max-Planck-Gymnasiums teil.
2009
Vom 8. bis 10. Mai 2009 war der TUS Rüppurr der austragende Verein für den Turngruppenwettkampf des Deutschen Turnerbundes.
600 Teilnehmende, die im Max-Plank-Gymnasium und der Eichelgartenschule ihr Quartier bezogen hatten, wurden dort von unseren TUS-Helfern mit Frühstück versorgt.
Unsere Turnerinnen erzielten zwei Badische Meistertitel und belegten zwei 2. und einen 3. Platz.
2013
Nach intensivem Starkregen stand in Folge des Hochwassers die gesamte Platzanlage im Juni 2013 unter Wasser.
Trotz intensiver Pumptätigkeit von TUS-Helfern im Schichtdienst drang das Hochwasser in die Kellerräume und in die Kegelbahn des Vereinsheims ein. Dadurch entstand erheblicher Sachschaden. Die Trocknungsmaßnahmen und Reparaturarbeiten zogen sich über Wochen hin.
2020
Kaum war die Datenschutzgrundverordnung aus dem Jahr 2018 organisatorisch „verdaut“ erwartete das Ehrenamt im Allgemeinen ein neuer harter Schlag.
Die Corona-Pandemie brachte den Sport, wie das gesamte öffentliche Leben, zum Erliegen. Die Vereine waren dennoch bis an die Belastungsgrenze gefordert: Zeitweise monatlich wechselnde Corona-Verordnungen mussten mit allen Vorschriften zeitnah umngesetzt werden.
3G / 3G plus / 2G / 2G plus, AHA+L+A-Regeln, Kontaktverbote oder 7-Tage-Inzidenzen. Teilnahmelisten, Check In- und Kontaktverfolgungs-Apps. Die Vereinsleitung war mit der Zusammenfassung und Aufbereitung der Regelungen, sowie der Information an die Mitglieder laufend beschäftigt.
Aber wie in allen Bereiche brachte dies auch beim TUS die Digitalisierung enorm voran. Seitdem werden regelmäßig Newsletter an die Vereinsmitglieder versendet und die Möglichkeit der Videoübertragung der Jahreshauptversammlungen in einem Livestream ist nun sogar in der Satzung verankert.
Doch auch der Sport erfuhr ein gewisse Digitalisierung: Im Jahr 2020 und 2021 fanden die ersten und einzigen virtuellen Rißnert- und Oberwaldläufe statt. Gelaufen wurde dabei jedoch nicht virtuell. Nur einzeln und nicht zusammen. Die aufgezeichnete Zeit konnte im Anschluss für die gesammelte Ergebnisliste übermittelt werden. Spaß geht anders.
Unsere Mitglieder hielten aber trotz dem "jahrelangen Stillstand" treu zu ihrem Verein: Nur rund 30 Austritte waren während der Pandemie zu verzeichnen. Am Ende des Jahres 2021 verzeichnete der TUS Rüppurr 1.324 Mitglieder und damit 29 mehr als im Vorjahr.
2023
Aufgrund des großen Zuspruchs bei der Volleyballabteilung wurden die Beachvolleyballfelder von 3 auf 9 Felder erweitert. Somit hat der TUS- Rüppurr die größte Beachvolleyballanlage in Baden-Württemberg.
Dies ermöglichte die erfolgreiche Ausrichtung der Deutsche U16 Beach-Volleyball Meisterschaft (DBM U16) beim TUS Rüppurr. Im TUS-report 173 wurde über die erfolgreiche Veranstaltung berichtet:
Die Vorbereitungen auf das Turnier liefen seit dem Zuschlag im Januar. Um allen Spieler*innen ein unvergessliches Erlebnis zu bescheren, mussten zahlreiche Dinge bedacht und organisiert werden. Vom Aufbau der (teilweise noch zu beschaffenden) Zelte, über Stromversorgung für die gesamte Anlage, Anmietung einer Tribüne und zusätzlicher Toiletten, Aufbau eines Gerüsts für die Liveübertragung, Organisation von Ausrüstung und Technik für Musik und Turnierleitung, Bestellung von Shirts für alle Spieler*innen und Helfer*innen, Suche von Sponsoren, bis hin zu Kühlmöglichkeiten für Speisen und Getränke; für zahlreiche Probleme mussten zum Teil sehr kurzfristig pragmatische Lösungen gefunden werden.
Wir haben ein fantastisches Event erlebt, was ohne das Engagement des ganzen Vereins so nie möglich gewesen wäre [und] erhalten für die Organisation, Gestaltung und Durchführung dieses Turniers aus allen Richtungen überwältigend positives Feedback und speziell die Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft aller Helfer*innen wird immer wieder hervorgehoben.
2024
Mit einem großen Festwochenende wurde das 150-jährige Jubiläum des TUS Rüppurr 1874 e.V. im Juli 2024 gefeiert.
Der 1. Vorstizende Peter Müssig gab' in der Festschrift zum Jubiläum folgenden Ausblick für die Zukunft:
Der TUS ist seit jeher ein Mehrspartenverein und wird es auch in Zukunft bleiben. In allen Abteilungen spielt der Kinder- und Jugendsport eine wichtige Rolle. Am sichtbarsten wird das an den Tagen, an denen diese Altersgruppen auf den Feldern des Vereinsgeländes mit Spaß ihren Sport betreiben. Aber auch die in den Hallen und anderswo ausgeübten sportlichen Trainings- und Übungsstunden beantworten die Frage nach der zukünftigen Entwicklung.
Unsere jungen Mitglieder sind die Antwort, so wie es vor fünfzig Jahren die damals Jungen waren, die im TUS und seinen Abteilungen eine sportliche und gemeinschaftliche Heimat gefunden haben. Sie bilden bis heute ein unverzichtbares Fundament.
Natürlich wissen wir gegenwärtig nicht, wie sich der Vereinssport zukünftig entwickelt: wird es neben den jetzigen Sportarten ganz neue geben und finden die Vereine auch weiterhin die finanzielle Unterstützung durch Kommunen, Verbände und Förderer?
Beruhigend ist, dass im TUS, egal in welcher Abteilung, seit jeher hervorragende Frauen und Männer die Trainings- und Übungsstunden mit Freude und Kompetenz leiten. Und solange die in allen Abteilungen ehrenamtlich Tätigen und nicht zuletzt diejenigen im Vorstand ihr selbstloses Engagement fortsetzen können und sich interessierte Nachfolgende finden, wird der TUS ein auf Zukunft ausgerichteter und zugleich traditioneller Sportverein bleiben.
Wir bieten sowohl im Breiten- als auch im Leistungssport angepasste und zeitgemäße sportliche Möglichkeiten. Das wird so bleiben, denn Tradition ist Verpflichtung und Hoffnungsträger zugleich.
Doch mit Blick auf die nahe Zukunft freue ich mich auf unser anstehendes Festwochenende zum 150-jährigen Vereinsbestehen vom 12. – 14. Juli 2024.
Grundlage der Geschichtsseiten bis 1998 ist eine wissenschaftliche Arbeit für die Zulassung zum 1. Staatsexamen für das Lehramt an Gymnasien unter dem Titel: "Die historische Entwicklung des Turn- und Sportvereins 1874 Rüppurr e.V. von den Anfängen bis heute", angefertigt im Dezember 1998 von Kirstin Klee aus Forst am Institut für Sport und Sportwissenschaft der Universität Karlsruhe unter Prof. Dr. Georg Kenntner.